H.
Du sagst: Ja hallo. zu mir und grinst. Es ist das Meer, das im Hintergrund rauscht. Heute abend werden wir uns umarmen. Heute ist März 2001 und das Meer ist nur Meter von uns entfernt. Heute ist ein Tag vor Ende der Schulsprachwoche. Heute grinst du mich an. Ich bin fast 17 und schwierig sagen die Leute. Du bist 18 und einfach sagen sie auch.
Wir sind am Abend am Strand. Alle drei Klassen, die sich vorher noch nie gesehen haben und es auch nachher nicht mehr tun werden. Wir sind am Strand und jemand läuft ins Meer. Es ist März, aber das ist egal. Du winkst mir zu, als du mich siehst. Meine Füße sind nass. Das ist Meer und das darf es auch, werde ich später zu dir sagen. Wir stellen Stühle in den Sand verrücken sie minutenweise. Binnenlandkinder, die die Flut nicht kennen. Es ist Nacht und kalt. Ich versuche ein Gedicht zu schreiben. Sand einzufangen. Ich versuche wie immer melodramatisch zu handeln. Ich bin fast 17 und schwierig, sagen die Leute. Ich bin fast 17 und verängstigt, sage ich.
Du setzt dich neben mich. Was machst du da, fragst du. Dass das nicht wichtig ist, murmle ich. Werde rot. Versuche dich anzulächeln und starre aufs Meer. Das waren unsere Klassensprecher die ins Wasser sprangen, sagst du. Und dass du froh bist, dieses Jahr nicht dazuzugehören, weil es noch zu kalt ist. Ich schweige, atme tief ein, lächle dich nochmals an. Eine Freundin packt mich am Arm und zerrt mich auf den Steg hinaus. Wo wir uns auf den Rücken legen und Sterne beobachten. Es ist Zeit sich zu verlieben, sagt sie. Es ist eiskalt, sage ich. Und dass der große Wagen immer genau über einen ist.
Wir laufen zurück und blicken uns nicht an. Meine Schuhe sind voller Sand und immer noch feucht. Es ist fast keiner mehr am Strand, es ist fast Mitternacht. Du bist noch da. Du mit deinem komischen Namen und dem HardRockCafeLeibchen. Mit der ernsten Miene. Ich blicke dich an und du lachst. Wir gehen auf den Kinderspielplatz. Dort ist es nicht so kalt, sagst du. Meine Freunde nicken und folgen euch. Ich nicke nicht, sondern blicke zu Boden. Kommst du? fragst du. Ich sage ja.
Wir sitzen auf einem Klettergerüst und sehen den Arbeitern bei den Vorbereitungen für das Filmfestival zu. Ich falte Kraniche und werfe sie in die Luft. Du fängst einen und machst einen Scherz. Das Mädchen auf der anderen Seite lacht. Ich auch. Ein wenig. Mir ist eiskalt, sage ich und du nimmst meine Hände in die deinen. Das habe ich nicht gewollt, denke ich, aber sage nichts. Wir sitzen über eine Stunde dort. Zu sechst und fühlen uns groß. Danach wirst du mich umarmen und ich werde wieder nichts sagen. Du wirst murmeln: ich kenne niemanden der so ist wie du. Und ich werde lächeln und es auf dem Nachhauseweg vor mich herflüstern.
Wir werden uns wiedersehen. Am nächsten Tag. In Monaco. Wo ich Fotos von Möwen mache und einen Baum umarme. Du wirst mir abwechselnd auf die linke und auf die rechte Schulter klappen. Wir werden in der Tiefgarage stehen und wissen, dass wir bereits auf den Weg nachhause sind. Weg voneinander bevor es Nähe wurde. Nach der Nacht im Bus tanzen wir Walzer in der Autobahnraststation, ich halte eine Überraschungseifigur in der Hand, die ganze Zeit. Du hast sie mir geschenkt, ich habe gelacht.
Zuhause schreibe ich dir ein Email, schreibe dir eine Geschichte, damit du gut schlafen kannst und du antwortest, mit diesen anderen Worten, mit dieser Einfachkeit, die ich nicht kenne und bewundere, vom ersten Moment an. Wir werden uns in Wien treffen, bald. Es wird immer noch April sein und in der Ubahn wirst du mit kleinen Kindern sprechen. Unseren nächsten Stopp knobeln wir jedes mal aus, ich gewinne zu oft, ich lache zuviel. Wir tanzen wieder Walzer, vorm Gloriette, wir beschließen Ungarn zu sein. Du gibst uns Namen, die keiner aussprechen kann, ich versuche mir einen Akzent anzueignen.
Auf dem Weg zum Zug, auf der Rolltreppe, drehst du dich zu mir um, legst deine Hand auf meine Wange, ich zucke kurz. Ich weiß nicht, was nun wird. Du küsst mich, bevor ich in den Zug einsteige, ein Herz an die Scheibe male und dir eine weitere Geschichte schicke.
Wir treffen uns wieder. Nicht oft, aber jedesmal in Wien. Wir fahren durch die Stadt, wir durchleben all unsere Stationen im Schnelldurchlauf. Das letzte Mal, als wir uns verabschieden, haben wir einen Tag im Freibad hinter uns. Du wolltest vom Zehnmeterturm springen und ich habe dich gebeten es nicht zu tun, weil ich sonst weinen müsste. Da hast du gelacht und mich umarmt. Im Wasser setzte ich mich auf deine Schultern, im Freien lagen wir unter einem Baum. So schnell wie möglich, sehen wir uns wieder, sagst du am Bahnsteig. Es ist eine Lüge, ein wenig ahnen wir es beide. Diesen Abschied der nichts anderes ist als das, ein Abschied.
Ich verliebe mich nur ein Monat später in jemand anderen, der noch komplizierter ist als ich, vielleicht im ersten Moment nur, damit ich weniger an dich denken muss. Ich schreibe dir davon, du sagst, du freust dich. Sagst nicht mehr. Es ist kein Schlussstrich, der ist nicht mehr nötig.
Als wir uns wiedertreffen, zufällig 9 Monate später, bin ich eben verlassen worden und nimmst meine Hand und wir schlendern stundenlang durch das Messegelände. Du verwendest die gleichen Namen für mich, wie im Frühjahr zuvor. Du sprichst von diesen Dingen, die dir wichtig sind. Vor allem über den Sport. Ich spreche vom Drehbuch schreiben und wir bleiben stehen und lachen. Weil wir immer noch nicht mehr vom anderen verstehen. Weil es das ist, was es auch damals schon war, am Meer, dieses Unverständnis, das einen zusammenhielt.
Wir sehen uns nie wieder danach. Wir versuchen es ein paar mal, deine Freundin, die du bald darauf kennenlernst verbietet es. Ich bin doch harmlos, schreibe ich dir und du antwortest nicht. Antwortest doch nachts, dass du ihr die falschen Dinge von mir erzählt hast. Ich schreibe dir nie wieder.
Ich denke an dich, ab und zu, bei gewissen Liedern, bei Überraschungseiern, am Meer. Ich erzähle dir nicht davon, auch nicht wenn ich könnte. Fünf Jahre später gehe ich nach London, finde dort Cds die wir damals hörten und höre sie beim Kochen. Ich schreibe nicht mehr an dich, ich schreibe über dich. Ich weiss noch immer, wie du reagieren würdest.
Wir sind am Abend am Strand. Alle drei Klassen, die sich vorher noch nie gesehen haben und es auch nachher nicht mehr tun werden. Wir sind am Strand und jemand läuft ins Meer. Es ist März, aber das ist egal. Du winkst mir zu, als du mich siehst. Meine Füße sind nass. Das ist Meer und das darf es auch, werde ich später zu dir sagen. Wir stellen Stühle in den Sand verrücken sie minutenweise. Binnenlandkinder, die die Flut nicht kennen. Es ist Nacht und kalt. Ich versuche ein Gedicht zu schreiben. Sand einzufangen. Ich versuche wie immer melodramatisch zu handeln. Ich bin fast 17 und schwierig, sagen die Leute. Ich bin fast 17 und verängstigt, sage ich.
Du setzt dich neben mich. Was machst du da, fragst du. Dass das nicht wichtig ist, murmle ich. Werde rot. Versuche dich anzulächeln und starre aufs Meer. Das waren unsere Klassensprecher die ins Wasser sprangen, sagst du. Und dass du froh bist, dieses Jahr nicht dazuzugehören, weil es noch zu kalt ist. Ich schweige, atme tief ein, lächle dich nochmals an. Eine Freundin packt mich am Arm und zerrt mich auf den Steg hinaus. Wo wir uns auf den Rücken legen und Sterne beobachten. Es ist Zeit sich zu verlieben, sagt sie. Es ist eiskalt, sage ich. Und dass der große Wagen immer genau über einen ist.
Wir laufen zurück und blicken uns nicht an. Meine Schuhe sind voller Sand und immer noch feucht. Es ist fast keiner mehr am Strand, es ist fast Mitternacht. Du bist noch da. Du mit deinem komischen Namen und dem HardRockCafeLeibchen. Mit der ernsten Miene. Ich blicke dich an und du lachst. Wir gehen auf den Kinderspielplatz. Dort ist es nicht so kalt, sagst du. Meine Freunde nicken und folgen euch. Ich nicke nicht, sondern blicke zu Boden. Kommst du? fragst du. Ich sage ja.
Wir sitzen auf einem Klettergerüst und sehen den Arbeitern bei den Vorbereitungen für das Filmfestival zu. Ich falte Kraniche und werfe sie in die Luft. Du fängst einen und machst einen Scherz. Das Mädchen auf der anderen Seite lacht. Ich auch. Ein wenig. Mir ist eiskalt, sage ich und du nimmst meine Hände in die deinen. Das habe ich nicht gewollt, denke ich, aber sage nichts. Wir sitzen über eine Stunde dort. Zu sechst und fühlen uns groß. Danach wirst du mich umarmen und ich werde wieder nichts sagen. Du wirst murmeln: ich kenne niemanden der so ist wie du. Und ich werde lächeln und es auf dem Nachhauseweg vor mich herflüstern.
Wir werden uns wiedersehen. Am nächsten Tag. In Monaco. Wo ich Fotos von Möwen mache und einen Baum umarme. Du wirst mir abwechselnd auf die linke und auf die rechte Schulter klappen. Wir werden in der Tiefgarage stehen und wissen, dass wir bereits auf den Weg nachhause sind. Weg voneinander bevor es Nähe wurde. Nach der Nacht im Bus tanzen wir Walzer in der Autobahnraststation, ich halte eine Überraschungseifigur in der Hand, die ganze Zeit. Du hast sie mir geschenkt, ich habe gelacht.
Zuhause schreibe ich dir ein Email, schreibe dir eine Geschichte, damit du gut schlafen kannst und du antwortest, mit diesen anderen Worten, mit dieser Einfachkeit, die ich nicht kenne und bewundere, vom ersten Moment an. Wir werden uns in Wien treffen, bald. Es wird immer noch April sein und in der Ubahn wirst du mit kleinen Kindern sprechen. Unseren nächsten Stopp knobeln wir jedes mal aus, ich gewinne zu oft, ich lache zuviel. Wir tanzen wieder Walzer, vorm Gloriette, wir beschließen Ungarn zu sein. Du gibst uns Namen, die keiner aussprechen kann, ich versuche mir einen Akzent anzueignen.
Auf dem Weg zum Zug, auf der Rolltreppe, drehst du dich zu mir um, legst deine Hand auf meine Wange, ich zucke kurz. Ich weiß nicht, was nun wird. Du küsst mich, bevor ich in den Zug einsteige, ein Herz an die Scheibe male und dir eine weitere Geschichte schicke.
Wir treffen uns wieder. Nicht oft, aber jedesmal in Wien. Wir fahren durch die Stadt, wir durchleben all unsere Stationen im Schnelldurchlauf. Das letzte Mal, als wir uns verabschieden, haben wir einen Tag im Freibad hinter uns. Du wolltest vom Zehnmeterturm springen und ich habe dich gebeten es nicht zu tun, weil ich sonst weinen müsste. Da hast du gelacht und mich umarmt. Im Wasser setzte ich mich auf deine Schultern, im Freien lagen wir unter einem Baum. So schnell wie möglich, sehen wir uns wieder, sagst du am Bahnsteig. Es ist eine Lüge, ein wenig ahnen wir es beide. Diesen Abschied der nichts anderes ist als das, ein Abschied.
Ich verliebe mich nur ein Monat später in jemand anderen, der noch komplizierter ist als ich, vielleicht im ersten Moment nur, damit ich weniger an dich denken muss. Ich schreibe dir davon, du sagst, du freust dich. Sagst nicht mehr. Es ist kein Schlussstrich, der ist nicht mehr nötig.
Als wir uns wiedertreffen, zufällig 9 Monate später, bin ich eben verlassen worden und nimmst meine Hand und wir schlendern stundenlang durch das Messegelände. Du verwendest die gleichen Namen für mich, wie im Frühjahr zuvor. Du sprichst von diesen Dingen, die dir wichtig sind. Vor allem über den Sport. Ich spreche vom Drehbuch schreiben und wir bleiben stehen und lachen. Weil wir immer noch nicht mehr vom anderen verstehen. Weil es das ist, was es auch damals schon war, am Meer, dieses Unverständnis, das einen zusammenhielt.
Wir sehen uns nie wieder danach. Wir versuchen es ein paar mal, deine Freundin, die du bald darauf kennenlernst verbietet es. Ich bin doch harmlos, schreibe ich dir und du antwortest nicht. Antwortest doch nachts, dass du ihr die falschen Dinge von mir erzählt hast. Ich schreibe dir nie wieder.
Ich denke an dich, ab und zu, bei gewissen Liedern, bei Überraschungseiern, am Meer. Ich erzähle dir nicht davon, auch nicht wenn ich könnte. Fünf Jahre später gehe ich nach London, finde dort Cds die wir damals hörten und höre sie beim Kochen. Ich schreibe nicht mehr an dich, ich schreibe über dich. Ich weiss noch immer, wie du reagieren würdest.
fruktose - 15. Dez, 16:48