Dienstag, 10. April 2007

In Turkmenistan essen sie Schafe

Der ganze tag erscheint mir wie eine Probe. Er ist in Basel und ich bin in Wien. An diesem Tag schlafe ich schlecht wieder ein, als er kurz nach vier die Wohnung verlässt. Ich wälze mich bis neun im Bett herum, dann stehe ich doch auf und lächle die Putzfrau an, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Sie will etwas wissen, ich kann ihr nicht helfen. Später zuhause, unter der Dusche läuft zu warmes Wasser den Körper hinunter und ich frage mich, ob dieser Winter meiner Haut wieder soviele offene Stellen antun wird. Ich sehe bereits wo sie sich befinden werden und verdränge die Gedanken, widme mich den Haaren, summe ein dummes Lied. Im Zimmer ist es gar nicht so heiß heute, Kathi treffe ich erst um halb zwei, Alex ist nervös. Kaum habe ich massig Geld für Festivalkarten ausgegeben, verrät mir mein Kontostand, dass ich dem Minus doch näher bin als gedacht. Das Eis schmeckt trotzdem. Fiocco, Malaga und Vanille. Wir sitzen beim Gutenbergdenkmal. Sieben Fotos, sage ich zu Kathi, sieben Fotos haben die Touristen schon von uns gemacht.
Zuhause wieder, Michi schreibt, will vorbeikommen, tut es auch. Wir sitzen und reden. Sehen Marokko und London über den Bildschirm huschen. Wir essen Gulasch und Nussschnitten. Meine Allergie meldet sich wiedermal. Als Michi geht, wissen wir, dass wir uns morgen wieder sehen. Und ich sehe ihn an und weiß, dass sich manches nie ändern wird. Michi zum Beispiel, der wird immer dieser Fels in der Brandung sein, auch wenn es ihm keiner sagt.
Vor dem Computer, denke ich an Flugzeuge und dass er bereits wieder in einem sitzt, dass ihn zu mir zurückbringt. Und ich denke an nichts anderes, nur daran, dass es nur noch eine Stunde ist und daran, dass ich ihm von Turkmenistan erzählen werde, von dem ich soviel las, während er, schon fast in Frankreich, seine Zukunft in die Hand nahm.
Was ich nicht denke ist banal. Ich denke nicht, zwei Jahre. Ich denke nicht, du gehst weg. Ich denke nicht, ich bleibe hier. Ich denke nicht, das ist der letzte normale Sommer. Ich habe aufgehört damit. Ich tapse langsam dem entgegen was kommen mag. When you're on your own, it's a long walk home. Was nicht heisst, dass man den Weg nicht kennenlernen kann, was nicht heißt, dass man nicht dennoch nachhause kommt. Was nicht heißt, dass jemand um die Ecke biegt und man sich nicht mehr findet.
Yeah you're worth the trouble and you're worth the pain. Während ich warte, fragt Maria mich, was ich an ihn so mochte von Anfang an, und ich weiß plötzlich die Antwort und schleudere sie ihr entgegen. Belle and Sebastien werden immer noch singen, wenn ich sie ihm sagen werde, zwischen all den Geschichten von Turkmenistan, diesem seltsamen Land, über das er lächeln wird. Ich bin mir so sicher.

(September 06)

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