Freitag, 23. Mai 2008

Vor dem Fenster die Stadt. (Berlin#1)

Fünfundzwanzig Minuten bis Hermannplatz, dort gibt es Karstadt, das Übel, Kissen, Wasserkocher, Schneidebretter. Gehe ich jetzt los, bin ich noch vor halb drei dort, zurück kaufe ich mir ein Ubahnticket und bin noch schneller.
Mein Kopf ist voller Zahlen, seit ich in dieser Stadt angekommen bin, die mir sagen, wie lange es dauert, bis man beim Bürgeramt ist, wieviele Meter es sind, wie lange die Nudeln kochen müssen, wieviele Treppen es sind bis vor die Wohnungstür, bis hinunter in den Hof, wieviele Gänge das Rad hat, wieviel Geld ich pro Woche ausgeben kann, wieviele Stunden Schlaf zuviel sind, die Anzahl der Tage, die sich manche Leute schon nicht mehr gemeldet haben.
Fast glaube ich, alles neu lernen zu müssen, wache in der Früh auf mit großen Augen, klettere auf den Tisch um die Vorhänge wegzuhängen, erkenne an den Schatten die die Satelittenschüsseln an die Wand gegenüber werfen, dass die Sonne scheint, zum ersten Mal scheint, seit ich hier ankam, Wochen scheinen seit damals vergangen zu sein und doch sind es nur Tage. Tage an denen ich fror und die Dielenbretter zählte, alles auf Zettel schreibe, als würde ich eine Paranoia entwickeln Dinge zu vergessen, die es nicht mal Wert sind erinnert zu werden.
Ich höre schottisches Uniradio, ich trinke abends ein Glas Wein, während die schwarzweißen fetten Vögel in der Dachrinne schon längst schlafen. Ich sehe in den Spiegel und drücke auf den Auslöser, das Foto, am Bildschirm später, es zeigt eine Junge Frau, mit roten Lippen und zu blauen Augen. Das bin ich also, denke ich und schon ist wieder alles einfacher.
Am Bürgeramt gestern, nach Tagen der Kälte, der ich zu trotzen versuchte und tapfer ohne Handschuhe die Sonnenallee entlangfuhr, auf diesem Rad, das ich nicht zurücklassen kann, bereits jetzt kann ich das nicht mehr, am Bürgeramt gestern, da lernte ich Dasha dann kennen.
Ein Mädchen aus Lettland, voller Hass dieser Stadt gegenüber, voller Heimweh und Melancholie. Wir aßen libanesisch gemeinsam, ich lud sie zum Tee ein, sie zeigte mir Fotos ihrer Wohnung und Mitbewohner, zuhause in Riga, erzählte von einem Kilo Parmesan und singenden Deutschen. Dasha hat mich froh gemacht, mit ihrem Pessimismus, ich gab ihr meine Nummer, schon lange bevor wir uns verabschiedeten und sie lächelte kurz und biss vom Baklava ab.
Als Dasha und ich das Bürgeramt verließen, begann der Regen wieder und auf den Stufen lagen Blumenblätter und -köpfe. "That's maybe the most unromantic place to marry that I've ever seen." sagte ich. "I would rather kill myself" antwortete sie und wir gingen die Straße hinunter, aßen keine Suppe und es war April, einfach so.
xena_goettin_des_feuers - 16. Jun, 16:20

mmm Dasha

suppe
blumenblätter
april

Pessimismus
Paremsan
Mitbewohner

BAKLAVA
REGEN
BÜRGERAMT

und was kommt noch??
Hermannplatz???

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